Über den mittleren Längsflur des Erdgeschosses gelangen wir ins Treppenhaus. Die zweiläufige Stiege mit massiver Trennwand führt zu dem im Obergeschoß gelegenen ehemaligen Tanzsaal der Taverne. Unter dem Fenster des Treppenhauses befinden sich Ofenplatten von 1797 und 1850, sowie mit Darstellungen des Doppeladlers und der Madonna. Im Vorplatz hängt eine Darstellung Dirlewangs von 1828 mit einer Turmuhr. Das Uhrwerk stammt von dem Uhrmacher Simon Hirsch aus Mindelheim. Repariert wurde es 1890 von dem Dirlewanger Uhrmacher Max Landthaler.
Eine kleine Ausstellung von Landschaftsbildern und Studien ist dem Maler Ernst Bollhagen gewidmet, der seit 1928 in Mittelschwaben ansässig war und am 30. Dezember 1971 in Dirlewang hochbetagt verschied
Eine Stufe tiefer als der Vorplatz liegt der ehemalige Tanzsaal der Taverne mit dem originalen breiten Bretterboden. Gleich links neben der Tür deutet ein Podium mit Tisch und Musikinstrumenten, wie Zither, Gitarre, Harmonika und Klarinette auf die Bedeutung des Raumes hin. An der Wand hängt die Vorläuferin unserer Musikbox, eine Spieluhr im Jugendstil. Die "Adler" ist ein Polyphon, eine Art Grammophon mit Glockenspiel. Um sie zum Spielen zu bringen, müssen große Blechscheiben mit Stanzungen eingelegt und der Apparat dann aufgezogen werden. Original zum Tanzsaal gehört auch der barocke Kachelofen mit einem klassizistischen Aufsatz. Daneben hängt eine Uhr mit geschmiedeten Gewichten und einer Darstellung des heiligen Bonaventura auf dem Zifferblatt. In einer Wandvitrine befindet sich Schramberger und Hornberger Porzellan.
Bis in das 17. Jahrhundert, oft weit in das 18. Jahrhundert hinein hat man Kleider und Stoffe für besondere Tage und die Ausstattung für die spätere Heirat der Kinder in Truhen nicht zusammengelegt, sondern gerollt aufbewahrt. Kleinere Gegenstände lagen vorwiegend in der Beilade an der linken Seitenwand. Der Truhenkörper ist deutlich vom Boden abgehoben, der Deckel ist flach und hängt an eisernen Bändern. Die Truhen sanken in ihrem Rang und ihrer Funktion ab. Sie wanderten auf den Dachboden, in den Stadel oder auch in den Getreidekasten. Manche Kleidertruhe wurde als Haferkiste verwendet.
Die Truhe an der Ostwand stammt aus dem Jahre 1678. Profilierte Leisten teilen die Vorderwand in fünf Felder, drei schmale und zwei breite. Diese sind linear, ornamental in Rot und Schwarz auf Blankholz gemalt.
Die Truhe aus dem Jahre 1780, gleich rechts neben der Türe, ist mit schwarzer Schablonenmalerei auf Blankholz versehen und rot eingerahmt. Volkstümliche Möbel tragen zum großen Teil Verzierungen: Bemalung in verschiedenen Techniken, Reliefschnitzerei, aufgesetzte, geschnitzte oder ausgesägte Stücke.
Die stark zunehmende Verehrung der "heiligen Herzen" in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts fand ihren Niederschlag auf den beiden Truhen (eine aus dem Jahre 1793, die andere mit Torturmmotiv) und dem eintürigen Schrank (1793) in Raum II auf der Südseite.
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts löste die aus dem städtisch-bürgerlichen Bereich übernommene Kommode die Truhe ab. Auf der Nordseite des I. Raumes steht eine solche Kommode mit Furniereinlegearbeit aus verschiedenen Hölzern. Im Schrank wurden die Leinentücher und Kleider verwahrt. Er stammte oft aus dem Hochzeitsgut und war das Prunkstück des Kammerwagens, auf dem die Braut überführt wurde. Im neuen Heim war er auch ein Ausdruck der Schmuckfreude seiner Besitzer. Im Blickpunkt des Raumes I, gegenüber der Tür, steht der zweitürige "Soldatenschrank" mit Darstellungen von verschiedenen Uniformen aus der Franzosenzeit, an der Nordwand ein eintüriger Schrank mit zwei bemalten Füllungen auf Leinen und der Aufschrift: Patri Parenti Que Sacr. Signiert sind die Füllungen mit "Wassermann Pinxit 1813". Beide Schränke tragen also ausgesprochen weltliche Motive.
Bei dem Schrank aus dem Jahre 1706 links neben dem Durchgang wurde die Schablonenmalerei angewandt. Auf der Tür befinden sich zwei von Profilleisten gerahmte Felder, das obere verkröpft. Die beiden Seitenbretter der Vorderwand sind mit Ornamenten, Arabesken und S-förmigen Ranken gefüllt. Pflanzenformen nehmen in der Möbelmalerei einen weiten Raum ein. Die Füllungen des zweitürigen Schrankes im Raum II sind mit Blumen bemalt. Vielleicht ist darin Vertrautheit und Verbundenheit der ländlichen Bevölkerung mit der Natur symbolhaft zum Ausdruck gebracht. Der Schrank trägt die Initialen M A V L und die Jahreszahl 1794.
Neben diesem Schrank steht eine kleine Sammlung von Wiegen, darunter querschwingende Kufenwiegen (eine aus dem Jahre 1816) mit schräg gestellten Seitenwänden und eine Hängewiege mit Schwarzweißbemalung.
Bunt und vielgestaltig auf dem Gebiet der Volkskunst ist der Bereich der volkstümlichen Töpferwaren. In den beiden Standvitrinen befinden sich Beispiele dieser Kunst, angefangen bei der einfachsten Art der Tonverarbeitung, der Irdenwäre, über Glasurware zur letzten Entwicklungsstufe der Volkstöpferei mit ihren Fayencen. In der Wandvitrine ist noch Steinzeug ausgestellt, wie es in deutschen Töpfereien mit volkstümlichem Einschlag hergestellt wurde.
Zwei konische Säuglingsflaschen aus Glas mit Zinnverschluss befinden sich ebenfalls in der Standvitrine. Hans Sachs dichtet: "muest haben milch, mel und kindspfannen ein kindsmaid und ein lüdelein ...". Damit tritt die Bezeichnung "Ludel" für diese Säuglingsflasche auf. Der Begriff "Ludel" hat sich bis in die Gegenwart vor allem in Altbayern erhalten (schwäbisch "Dudel"?).
Im Raum II ist in der Hauptsache bäuerliches Arbeiten in Haus, Hof und Feld dargestellt. Den eisernen Dreifuß stellte man in die lodernde Flamme oder in die frische Glut. Die rußige Pfanne kam nicht direkt auf den Tisch, sondern auf das Pfannenholz, an dem der Pfannenstiel nach Belieben schräg gestellt werden konnte. Auf der alten Kaffeemühle saß man und mahlte das Korn oder die Gerste. Das Brotbacken erfolgte früher nur alle paar Wochen, so dass das Brot oft sehr hart war. Man benützte eigene Brotschneider, "Brotgrammeln" oder "Grambein", bei denen ein starkes Messer mit der Spitze an einer Brettunterlage befestigt ist. Durch Hebelkraft wird das Brot beim Niederdrücken zerkleinert.
An der Wand hängen Gerätschaften und Werkzeuge für die Wiesen- und Ackerernte und die Torfarbeit. Mit viel Mühe wurde das Getreide angebaut. Das Pflügen des Ackers war eine besonders schwere Arbeit. Der Pflug war aus Holz, nur das Schneidmesser, die Beschläge und die Pflugschar waren aus Eisen. An der Wand hängt die "Lotter- oder Nottelegge", deren Holzzähne beweglich sind, ein technisches Meisterstück, da die oben und unten verdickten Zähne durch ein so enges Loch gesteckt worden sind, dass sie nicht mehr herausfallen konnten.
Daneben hängen einige Siebe und eine Sämaschine zum Umhängen, bei der die Öffnung je nach Saatgut eingestellt werden kann. Darunter steht ein Strohschneidstuhl, bei dem sich das Stroh mit dem Spitzrecheii zur Schneide vorschieben lässt.
Im Raum III befinden sich Zeugnisse des religiösen Volksglaubens. Die Vitrine gleich links neben der Tür birgt Plastiken ("Christus in der Rast"), Kruzifixe und Hinterglasbilder (die 4 Evangelisten). Mehrere schmiedeeiserne Kreuze, wie sie früher allgemein üblich waren und in jedem Kirchhof standen, sind an der Wand befestigt. Das Kreuz am Grabe war das Symbol des ewigen Lebens. Das Grabkreuz war auch der Kesselträger für das heilige Wasser. In vier Namenskästchen lässt sich die Aufschrift noch erkennen.
Eine ganze Reihe von beachtlichen Gemälden wurde sorgsam durch den Mindelheimer Restaurator Toni Mayer regeneriert und restauriert. Auf zwei Hinterglasbildern ist das Christkind auf dem Kreuz liegend dargestellt. Dieses in der Andachtskunst häufig verwendete Motiv bezieht das Karfreitagsgeschehen in das Weihnachtserlebnis ein. Über dem Durchgang ist dieses Motiv auf ein Brett gemalt.
Die Tischvitrinen in der Mitte des Raumes zeigen Devotionalien (der kath. Andacht dienende Gegenstände), Andachtsbilder in allen möglichen Ausformungen und Wachsstöcke. Aus seinem irdischen Bannkreis suchte der Bauer Zuflucht bei den Heiligen, die ihm das Christentum schenkte und die ihm jene Hilfe versprachen, die er sonst nirgends erhoffen durfte. Der Einbruch der Technik hat diese Zeichen des Volksglaubens verschwinden lassen.
Die Wachsstöcke gehörten zu den liebevoll gehüteten Kostbarkeiten des bäuerlichen Menschen. Als Dank fürs Bettmachen hat der Knecht früher der Magd einen Wachsstock am Mariä-Lichtmeß-Tag geschenkt. Der Wachsstock war auch ein beliebtes Geschenk zur Taufe und zur Kommunion. Manche wurden angezündet, aber die besonders schönen waren einfach nur zum Anschauen und Freuen oder zum Andächtigwerden da.
Zeugnisse der frühesten Geschichte Dirlewangs sind im Raum IV ausgestellt. Bronzezeitliche (etwa 1800 - 1250 v. Chr.) Scherben wurden 1936 in Dirlewang beiderseits der B16 "auf und zwischen Steinpflastern" (vermutlich Steinpackungen von Gräbern) gefunden.
1905/06 legte Kurat Dr. h. c. Christian Frank, Kaufbeuren, beim "Schmittenhölzchen" eine kleine römische Siedlung frei. Randstücke von Gefäßscherben stammen aus einem kleinen Wohnhaus, das aus zwei Räumen bestand.
Einige kaum merkliche Geländeerscheinungen, veranlassten J. Striebel im Jahre 1929 zu einer Probeschürfung.
Im Jahre 1931 legten Josef Striebel und Stefan Fröhlich mit treuen Helfern in einem Acker am Galgenberg die Fundamente einer römischen Villa frei. Unter den Resten gewöhnlicher Gefäße lagen Sigillatascherben, einige Scherben glasierter rätischer Ware und zahlreiche Eisennägel, was darauf schließen läßt, daß reichlich Holzwände benützt wurden.
Von den 4 gefundenen Bronzemünzen stammen 2 von Alexander Severus aus dem Jahre 231, eine von Lucius Verus (geprägt 168/9) und eine von Commodus (nicht näher bestimmbar). Der interessanteste Fund ist der Stempel einer römischen Privatziegelei, der wohl aus einer der lokalen Ziegeleien stammt
M • M • CELERII
Ebenfalls im Jahr 1931 wurde beim Bau des Hauses Nr. 62% (heute Alamannenstraße 2, Besitzer Kern) ein alamannisches Reihengräberfeld angeschnitten. Josef Striebel gelang es noch rechtzeitig mit Stefan Fröhlich und einigen Helfern sechs Bestattungen ordentlich freizulegen.
Aus einem Frauengrab stammen eine Perlenkette, zwei Ohrringe mit Häkchenverschluß und eine Zierscheibe aus Bronze mit der Darstellung zweier Menschen in eigenartiger Pose (Abb. Seite 3). Aus Männergräbern stammen Spatha (zweischneidiges Langschwert), Sax (Kurzschwert), Lanzenspitze und Schildbuckel. Zwei männliche Schädel, die 1961 und 1968 im anthropologischen Institut in München konserviert wurden, weisen Hiebverletzungen auf, die von der Härte blutiger Auseinandersetzungen herrühren.
An der Wand, links neben der Tür, ist eine stattliche Sammlung von Waffen angebracht.
Beim Vorderlader, einer alten Form der Feuerwaffe, wurden Ladung und Geschoß von der Mündung aus eingeführt.
Die Methode des Anschlagens von Feuerstein auf Stahl wurde für den Zündfunken von Feuerwaffen ausgenützt. Ein großer S-förmiger Hahn mit einer Klemme zum Halten des Feuersteins war am hinteren Ende des Steinschloßgewehrs und der -pistole drehbar gelagert. Der Funke, der sich durch Berührung von Feuerstein und Stahl bildete, zündete das Pulver in der Pfanne. Der Feuerstrahl passierte das Zündloch und zündete dann die Hauptladung in der Kammer.
In der Hauptsache ist der Raum V dem Handwerk gewidmet.
Aus dem Kistler wurde infolge der erhöhten Anforderungen an sein Können der Schreiner. Nachdem er ursprünglich Tisch und Stühle, Truhe und Kasten anfertigte, bleibt ihm später das Schrankmöbel vorbehalten.
Die Drechslerei ist ein altes Dorfhandwerk. Ihre Ausrüstung bestand meist aus der Schnitzbank zum groben Bearbeiten des Holzes und aus einer einfachen Holzdrehbank mit Fußbetrieb. Das Spinnrad war das beste Erzeugnis der dörflichen Drechsler. Des Zimmermanns Gewerbe ist weit älter als das des Schreiners. Er setzte Häusern, Kirchen und Kapellen technisch komplizierte Dachstühle auf. Mit Zimmeraxt und Breitbeil mußte er die Baumstämme behauen, mit Stich- oder Stoßaxt putzte er die Kanten. Mit dem gut zwei Meter langen Deichelbohrer durchbohrte man ein vier Meter langes, engjähriges Rundholz von beiden Enden her. Die fertige Deiche! wurde dann ins Wasser gelegt, so daß sie nicht austrocknete und baute sie dann als Wasserleitung ein. Es gab Deichelbohrer, die ihre Arbeit handwerksgemäß ausübten.
Die Schäffler und Rechenmacher spezialisierten sich auf Holzgefäße, wie Fässer und Kübel, Kleingeschirr, Rührfässer und Arbeitsgeräte.
Der Wagner war hauptsächlich für den Bauern tätig.
Die Arbeitsweise des Schmiedes blieb Jahrtausende unverändert. Aus Flach- und Rundeisen klopfte er die Hufeisen und die Beschläge für den Wagen. Mit den großen Schmiedezangen hielt er das Werkstück in die Glut und formte es auf dem Amboss (1798).
Der Schlosser stellte Schlösser für Türen, Schränke, Truhen und den dazu passenden Schlüssel her. Eine kleine Sammlung zeigt die kunstvolle Arbeit dieses Handwerkers.
Der Schuster schnitt die Schäfte aus Rohleder und nähte sie von Hand zusammen. Zum Aufnageln der Sohle benützte er den Dreifuß. Jeder Schuh wurde über einen Leisten gearbeitet, der eine Nachbildung des Fußes aus Holz darstellte.
Um 1880 starb in Dirlewang das Zinngießerhandwerk aus. Hergestellt wurden Rahmen für Andachtsbilder und religiöse Andenken.
In einer Nische sind Geräte der Käsküche ausgestellt. Mit dem Quirler wurde der Käse im Kessel zerkleinert. Mit der Gatze schöpfte man den Bruch in die Formen. Die Gerätschaften zum Buttern, das Butterfass zum Stampfen und das zum Drehen und der Buttermodel dürfen nicht fehlen.
Leider können aus Platzmangel die kompletten Einrichtungen einer Seilerei und eines Baders noch nicht aufgestellt werden.
Der letzte Raum ist ganz der Flachsverarbeitung gewidmet, ein wichtiges Kapitel bäuerlicher Selbstversorgung, aber auch bäuerlicher Handwerkstätigkeit.
Die Flachsriffel ist ein eiserner Kamm, durch den die trockenen Flachshalme gezogen wurden. Dabei fielen die Flachsbollen (Samen) in ein ausgebreitetes Tuch. Die Samenknollen kamen zum Trocknen auf den Dachboden, auf die "Bollendörre". Das Flachsstroh wurde, nachdem man es nochmals auf einer Wiese ausgebreitet und danach gedörrt hatte, in der Flachsbreche gebrochen. Ein Flachsbündel nach dem anderen wurde dann über den Schwingstock gelegt und mit der Schwinge (Holzschwert) von Hülsenresten befreit. Nach dem Schwingen mußte der Flachs erst richtig "durchgehechelt" werden. Man schlug das Bündel auf die "Hechel", einem Brett mit vielen, eng nebeneinander eingeschlagenen Nägeln. So wurde der langfasrige Flachs vom kurzen "Werg" getrennt.
Der nächste Arbeitsgang war dann das Spinnen. Mit Hilfe des aufrecht stehenden Spinnrades wurde der Faden aus dem an der "Kunkel" angebundenen "Knitzle" gesponnen. Die gröberen Fasern wurden auf dem waagrecht liegenden Wergrädle zum "Bolla-Gara" versponnen. Statt der Kunkel verwendete man die Werggabel, die vom "Schatz" geschnitzt und bemalt worden ist.
Der fertige Faden wurde auf einem "Schneller" aufgehaspelt, der die Länge anzeigte.
Leider besitzt das Museum keinen Webstuhl, an dem gezeigt werden könnte, wie der Faden zum Tuch verarbeitet wurde.
An der Wand hängen die Model aus Holz mit ihren schönen Mustern, mit denen das Leinen bedruckt wurde. In der großen Vitrine sind bäuerliche Trachten ausgestellt. Wir sehen die rote Weste des Mannes, ein Leinenhemd, Strümpfe, eine komplette Frauentracht und einige Radhauben.